Mai 2005  Ägina
Dienstag, 24. Mai
Wir sind von Methana weitergefahren nach Ägina und machen einen Abendspaziergang durch die Stadt. Am Pier bei den Gemüseschiffen begrüßt uns gleich überschwenglich mit Handschlag Maria (ich nenne sie einfach so, weil ich ihren richtigen Namen nicht kenne; aber die meisten Fischerboote hier heißen Maria oder Sophia - da liege ich wohl also nicht ganz falsch). Wenn sie einen anstrahlt, bekommt ihr Gesicht zwar eine ziemliche Ähnlichkeit mit dem von Heike Makatsch - aber Griechinnen heißen unmöglich "Heike" - deshalb eben doch "Maria". Weshalb Maria uns jedesmal so begeistert begrüßt, wissen wir nicht. Letzten Sommer haben wir nur zwei mal etwas bei ihr gekauft - weil es etwas schwierig ist, ihrer Geschäftstüchtlichkeit Einhalt zu gebieten. Will man ein Pfund Tomaten, tut sie freudestrahlend gleich noch 5 weitere in die Tüte; genau so bei Pfirsichen, Kartoffeln oder Zucchini. Trotzdem beschließe ich nach dieser überschäumenden Begrüßung, am nächsten Tag wenigstens "eine Kleinigkeit" bei ihr zu kaufen. 
Als ich meinen Vorsatz in die Tat umsetzen will kommt sie gerade mit einer schönen, mittelgroßen Wassermelone die Gangway herab. Genau, die will ich, die Größe ist genau richtig für Jutta, Thea, Thomas und mich. Doch sie gibt sie mir nicht. Statt dessen springt sie an den Stand mit Melonen und drückt mir eine 8 kg schwere Kugel in die Arme: "Kala, poli kala". Zur Bestätigung ihres Lobes für die Melone klopft sie ein paarmal liebevoll auf die Schale (gut, sehr gut) und strahlt mich an. Ich lächle zurück - "en daxi" - in Ordnung - und zahle ergeben.
Zurück am Boot ist gerade ein englischer Einhandsegler dabei, neben uns anzulegen und so nehme ich vom Pier aus gleich seine Leinen entgegen. Dann begebe ich mich in die Schiffsküche, zerteile die Melone und gebe erst einmal ein großes Stück davon unserem neuen Nachbarn, der sich riesig freut. An dem, was "übrig" bleibt, essen wir zu viert locker 2 Tage. 
Freitag, 27. Mai, Ägina: Gestern haben wir unseren Besuch wieder wohlbehalten zur Fähre nach Athen gebracht, heute ist bunkern bei DIA angesagt. Es hat schon seine großen Vorteile, wenn man eine Stadt etwas kennt und weiß, wo es was gibt. Und eben auch, ob ein DIA-Markt oder LIDL in der Nähe ist. Wir stellen uns somit gleich seelisch darauf ein, 3 km ziemlich bergauf radln zu müssen, bevor wir Mineralwasser, "Landerbräu", Milch, Spaghetti etc. auf den Sackkarren schnallen können. Es ist ziemlich schwül, der Wetterbericht hat Regen angekündigt. Und Murphy bleibt uns treu: Die ersten Tropfen fallen, als wir unsere Einkaufsladung auf Radl und Anhänger schnallen. Kurz darauf peitschen Wind und Regen gnadenlos bis unter das Vordach der Ladentür. Ich lege meinen vollgepackten Rucksack auf die letzte Reihe der Einkaufswägen und versuche, mit dem Radl irgendwie ins Trockene zu kommen - Thomas schiebt sein Gefährt ebenfalls in die windgeschützte Ecke. 
Nach gut 10 Minuten hat der Regen nachgelassen und wir machen uns auf den Rückweg. Als wir schon ein ganzes Stück bergab gefahren sind fällt mir ein: Die Lucke über dem Schlafzimmer im Schiff ist offen! "Radl du voraus, ich komme mit dem Anhänger nach" ruft Thomas mir zu. O.k, denke ich, der Bootsschlüssel
ist in meinem Rucksach. Doch wo ist mein Rucksack? Der Adrinalinstoß, den mir die Erkenntnis vom Verbleib meines Rucksackes versetzt, hätte einem ausgewachsenen Elefanten die Ohren in die Höhe getrieben. So schnell bin ich mit vollbeladenem Radl noch nie eine steile Straße hinaufgestrampelt. Nach einigen bangen Minuten mit grausamen Gedanken an Geldbeutel und Kreditkarten kommt der DIA-Markt wieder in Sicht. Keiner der wenigen Passanten, die unterwegs sind, trägt zu der unumgänglichen schwarzen Sonnenbrille auch einen schwarzen Rucksack. Meine Hoffnung steigt - und als ich die Einkaufswägen erreiche kann ich es gerade noch verhindern, dass meine Erleichterung in einen hemmungslosen Freudentaumel umschlägt. Rucksack an - zurück zum Boot. Die Luke ist ja immer noch auf. Und wenn's ganz dumm kommt, ist auch das Fenster über dem Computer noch geöffnet ...
Wie das Fahrrad mit dem völlig überladenen Gepäckträger auf der rasanten Bergabfahrt all die Schlaglöcher ausgehalten hat, ist mir, als ich gleichzeitig mit Thomas am Boot ankomme, ein völliges Rätsel. Die zweite Erleichterung des Tages: Durch den Wind hat es ins Schlafzimmer so gut wie gar nicht hineingeregnet - und alle anderen Fenster waren zu :-))
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