Syvota  Oktober 2005
Freitag, 28. Oktober
Morgenspaziergang. Für einen Werktag ist es auffallend ruhig auf den Straßen. Im Schulhof sammeln sich festlich gekleidete Kinder, einige davon in Tracht. Die Kirche im Dorf ist mit hunderten von Griechenlandfähnchen geschmückt, von innen klingt die Liturgie des Popen heraus. Wie viele andere Läden hat auch "mein" Gemüsegeschäft geschlossen. Des Rätsels Lösung finde ich in Form von haufenweise an die Bäume gepinnten Plakaten - und da dämmert's mir dann auch endlich: Natürlich, 28. Oktober! Oxi-Tag. Griechenland sagt(e): Nein!!!
 

Am 28. Oktober 1940 stellt der italienische Diktator Benito Mussolini, der etwa 125.000 Soldaten an der albanischen Grenze stationiert hat, der griechischen Regierung ein Ultimatum, in dem er die Abtretung der Stadt Ioannnina und der Küste Epirus fordert. Metaxas beantwortet da Ultimatum mi einem Wort: "Ochi" - nein. Der 28. Oktober, der Ochi-Tag, ist seitdem Nationalfeiertag der Hellenen. Die Offensive der Italiener scheitert überraschend im Winter 1940/41 am erbitterten Widerstand der Griechen, die den Feind bis weit nach Albanien zurückdrängen. Doch am 6. April eröffnet die deutsche Wehrmacht den Feldzug gegen Griechenland, und am 27. April weht die Flagge der Nazis auf der Akropolis.

(aus "PELOPONNES", Hans-Peter Siebenhaar)

Während im Kirchenraum der Gottesdienst zelebriert wird spielen die Kinder auf dem Vorhof und die Techniker bauen neben der Heldengedenksäule die Lautsprecheranlage für die Festreden auf. 

                     
Nach den Feierlichkeiten am Heldengedenkstein ist der Treffpunkt für viele die Hafenpromenade, und so sitzt man in den wenigen Tavernen und Restaurants, die noch geöffnet haben, fröhlich plaudernd oder wild gestikulierend zusammen. 
In Anbetracht dieses Nationalfeiertages verschiebe ich das geplante Wäschewaschen lieber auf morgen, denn zu all den griechischen Flaggen nun hier am Boot Socken und Unterhosen an die Leine zu hängen erscheint mir leicht mißverständlich (zumal wir gerade das einzige, bewohnte Boot am Pier sind). 
Zwei äußerst gutmütige Straßenhunde haben es ohne die Touristenmassen nun zunehmend schwerer, sich etwas zu fressen zu suchen. Der treuherzige, sandbraune Schäferhundmischling tut sich mit seinem sonnigen Gemüt und der unbekümmerten Art, wie er auf die Menschen zuwedelt, noch relativ leicht. Hingegen sieht die etwas größere, kräftig gebaute Universalmischung mit Stummelschwanz für viele ganz "gefährlich" aus und ist (wohl aus Erfahrung heraus) um einiges zurückhaltender, was Zutraulichkeit betrifft. Diese beiden Rüden begleiten uns ab und zu auf den Spaziergängen und liegen tagsüber relaxt im Schatten der Steinbänke am Pier. Am Abend beobachten sie dann aufmerksam die Leute in den Tavernen, ob nicht ein Häppchen für sie abfällt. 
So steht also am Abend des "Oxi-Tages" der weiß-schwarze "Stummelschwanz" friedlich neben dem Hafenbecken, als plötzlich ein älterer Grieche langsam auf ihn zuschlendert. Ein Tritt, ein Winseln, ein Platschen - und das Tier strampelt wie wild neben unserem Boot im Wasser. Der Grieche macht sich ganz unauffällig davon, die zahlreichen Tavernenbesucher und Fußgänger beobachten die Szene so gelangweilt wie einen schlechten Spielfilm. Ohne Hilfe kommt das Tier die 1-m hohe Hafenmauer niemals hoch und so springe ich hinunter ans Pier. Irgendwie bekomme ich den Hund tatsächlich am Nacken zu fassen und kann ihn nach oben ziehen. Wie "Stummelschwanz" bin ich nun klitschnass, doch innerlich koche ich über das fiese Verhalten des alten Griechen. 

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