Messolongi Oktober 2005
 
Donnerstag, 13. Oktober
Durch den Kanal geht es zum Hafen nach Messolongi. Wir beobachten wieder einmal konzentriert den Tiefenmesser, doch diesmal scheint die Fahrrinne gut ausgebaggert zu sein. Rechts und links dem Kanal entlang stehen unzählige kleine Häuschen auf Holzpfählen, natürlich mit den dazugehörigen Fischerbötchen.

Auf die "Marina" in Messolongi bin ich schon gespannt, ehrlich! Letzten Sommer waren wir zweimal dort - und in dieser Zeit wurden sage und schreibe drei Schwimmstege ins Wasser verlegt - für eine EU-subventionierte Marina, die laut Hafenhandbuch 1996 fertiggestellt sein sollte. 

Als wir nun, ein Jahr später, wieder einlaufen, stellen wir fest: Die einzige "Erneuerung" der "Marina" sind ein paar Solarzellen und 4 rote Blinklichtchen, die auf den zwei Schwimmstegen ohne Landverbindung („Marinaabgrenzung“) angebracht sind. Ansonsten: Die 3 Anlegestege mit Landverbindung sind inzwischen überwiegend mit Fischerbooten belegt. Das wiederum hat einen positiven Nebeneffekt: Es gibt hier am Steg inzwischen (dank Fischer) sogar einen Müllcontainer, man muß also nicht mehr 1 km bis zur nächsten Entsorgung laufen (wie noch im vergangenen Jahre). Sei's drum, wir finden jedenfalls noch einen Platz am Steg - und damit soll's gut sein. Außerdem ist der junge Fischer auf dem Boot vor uns wirklich wohltuend sympathisch und freundlich, man grüßt und winkt sich gegenseitig zu, wenn man vorbeiläuft. 

Im Nachhinein wundert mich allerdings, daß in Trizonia - einer ebenso wenig fertiggestellten Marina wie in Messolongi (und das schon viel länger) kein einziger Fischer auf die Idee kommt, sich dorthin zu verlegen. Aber wir haben es vor zwei Jahren doch schon erklärt bekommen - von einem Holländer, der hier in Messolongi mit einer Einheimischen verheiratet ist: "Die Leute hier wollen die EU-Gelder - doch Tourismus: 'Brauchen wir nicht, haben wir nicht nötig' ". Gut. Und wenn es wirklich so ist, daß man an EU-subventionierten Einrichtungen erst dann etwas an die EU zurückzahlen muß, sobald man etwas damit verdient: dann verdient man eben nichts damit - und zahlt nichts zurück. So einfach ist das…

Ich ziehe mit dem Handkarren los, um am 1 km entfernten, gegenüberliegenden Pier Wasser zu holen. Denn Wasserleitungen sind hier, in der "1996 fertiggestellten Marina", nicht vorgesehen. Neben der "Marina" ist - immer noch, trotz Container - die "Müllhalde" - sprich: Ein eigentlich wunderschönes Biotop, das dummerweise dazu benutzt wird, um sämtlichen Schrott hinzukarren. Es ist das "Biotop" der 30 - oder 40 - oder 50 "wilden" Hunde samt ihren Jungen, die sich hier eingerichtet haben und die wohl auch von irgendjemandem gefüttert werden (müssen). Pia macht wohlweißlich einen großen Bogen um die Meute - obwohl jedes dieser Tiere Angst für 10 hat, sobald man sich freundlich nach ihnen umdreht. Der Wasserhahn am Pier gegenüber hat inzwischen keinen Drehkopf mehr und ist nur mit Zange zu öffnen - ganz legitim - es ist der offizielle Wasserhahn.
Die Straßen um Messolongi herum sind ein Kuriosum. Doppelspurig, groß angelegt, kilometerlang. Fast kein Verkehr, man muß lange warten, will man "nach" einem Fahrzeug die Straße überqueren – denn es kommt selten eines. Es gibt sogar einen Fahrrad/Fußgängerweg (unterteilt durch Palmen), der 30 breit ist - es läuft oder fährt nur keiner d'rauf, weil er außerhalb der Stadt liegt. Dafür prangen überalll groß die Schilder mit den Millionenbeträgen der EU-Subventionen...
Ansonsten gibt es hier: Viele Moskitos, gigantische Sonnenauf- und Sonnenuntergänge, eine nette Altstadt, ein relativ nichtssagendes Geschäftsviertel, zwei riesige Kirchen ( abgesehen von den unterschiedlichen Bemalungen fast baugleich)  und Carretta-Carretta - riesige Wasserschildkröten. Immer wieder tauchen sie im Hafenbecken auf, bevorzugt in der Nähe der Fischer, von denen sie mit unverkäuflichem Fang gefüttert werden.    

 

Im Gegensatz zu unserem ersten Besuch in Messolongi vor 2 Jahren haben wir hier diesmal am Pier keine aggressiven Halbstarken mehr erlebt, die auf fremden Booten herumtrampeln - und auch keine Prostituierten oder Autos mit übersteuerter HiFi-Anlagen. Das mag wohl damit zusammenhängen, dass inzwischen mehrmals täglich Polizeiwagen und Port Authority-Fahrzeuge am Pier entlang vorbeifahren.

Sonntag, 16. Oktober
9.20 Uhr: Wir legen in Messolongi ab – 9.25 Uhr: wir sitzen im Schlick der Lagune fest (kleiner Knick in der Optik beim Navigieren). Auch mit Hilfe des Dingi’s ist die „Unity“ nicht – oder nicht genug – vom Fleck zu bewegen. Die Hilfe naht durch den sympathisch-freundlich-grüßenden Fischer, der uns kurz darauf mit seinem Boot aus unserer unbeweglichen Situation befreit (unter Vollgas von beiden Schiffen). Wir wollen ihm für seine Hilfe gerne etwas geben – er lehnt es ab, lacht uns zu, es hat im Spaß gemacht, uns zu helfen. Das ist wohl dann auch die andere Seite von Messolongi: Touristen – brauchen wir nicht – doch: wir haben’s auch nicht nötig, uns für Hilfeleistung bezahlen zu lassen. So wünscht er uns lachend noch eine gute Fahrt und wir tuckern durch den Kanal – immer den Blick auf den Tiefenmesser.
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